Tagespolitisches

Niemand ist eine Insel

Eigentlich sind wir eher Schimmelpilze. Über die unterirdischen Sporen mit anderen verbunden und über die ganze Erde vernetzt.

Einer Theorie von Richard Wiseman zufolge ist jeder Mensch mit jedem beliebigen anderen über nur fünf Schritte verbunden (also: irgendeiner meiner Freunde ist ein Freund von einem Freund von einem Freund von Anna Loos. Nur wer?). In einer schnellen Suche habe ich die Studie zwar weder im Internet noch in meinem Bücherregal gefunden, aber ich habe herausgefunden, dass Richard Wiseman ebenfalls eine WordPressseite betreibt – in Zeiten der sozialen Medien ist oft nicht mal mehr ein Bekannter dazwischen geschaltet, sondern ein Anbieter digitaler Kommunikation.

An diese Forschung hat mich eine Serie erinnert, die ich gerade bei Netflix begonnen habe (Netflix ist also nicht immer ein Feind der Produktivität): „Touch“. Unter anderem erzählt die erste Folge davon, dass eine talentierte junge Hobbysängerin aus Irland einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt, indem ein Freund einen Open-Mike-Auftritte von ihr mit einem gefundenen Handy filmt und dieses Handy direkt darauf in einen fremden Koffer steckt. Und wie der Aufbau der Serie es will, wandert eben dieses Handy noch durch einige Hände, das Video wird von vielen angesehen, und auf einmal ist die Sängerin auf einer riesigen Videoleinwand in Tokio zu sehen und danach mit über 10.000 Klicks bei YouTube.

Ein bisschen weit hergeholt? Vielleicht. Wenn jemand ein gut funktionierendes, teures Smartphone findet und sich nicht dazu entscheidet, es dem rechtmäßigen Besitzer wieder zu geben, wird er es doch eher selbst behalten, als es weiter zu geben. Aber durch das wunderbare Worldwide Web ist ein Weitergeben des Handys ja gar nicht nötig – wenn ein Video (oder ein Text) online verfügbar ist und nicht nur über Likes und Teilen online innerhalb einer relativ abgeschlossenen Community (wie z.B. allen angehenden Autoren bei WordPress 🤔) weitergegeben, sondern auch offline an Freunde und Verwandte empfohlen wird, kann es dennoch Ozeane überwinden – es lässt sich nur nicht so schön filmen wie bei dem mit Stickern verzierten, ziemlich auffälligen Handy aus der Serie.

Wenn also es ein leichtes ist, einen online verfügbaren Beitrag weiterzugeben (wie bei der Telefonlawine der drei ???) und ich jemanden kenne, der jemanden kennt, der jemanden kennt, … , der Anna Loos kennt, müsste es dann nicht auch möglich sein, diesen Beitrag speziell so weiter zu empfehlen, dass er Anna tatsächlich erreicht? Das wäre mal eine interessante Untersuchung. Oder – Anna Loos zu erreichen, wäre zwar enorm cool, aber für einen angehenden Schriftsteller nicht gerade relevant – eine Literaturagentin.

Und andersherum funktioniert das natürlich auch. Jeder, der einen Beitrag von mir kommentiert, gibt mir damit die Möglichkeit, ihn/sie kennenzulernen, Seiten zu besuchen und weiterzuempfehlen. Vielleicht werde ich regelmäßig (das liegt mir nicht sonderlich, aber ich werde es versuchen) einen Blog empfehlen, den ich besonders gut finde. Und wenn ihr meinen Blog gut findet, empfehlt mich weiter.

Und wer weiß, vielleicht werde ich ja dann tatsächlich einmal einen Kommentar von Anna Loos bekommen.

 

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2 Antworten auf „Niemand ist eine Insel

  1. Eine sehr interessante Theorie, die du da vorstellst! Ich bin jedoch der Meinung, dass das Leben deutlich zufälliger verläuft. Höchstwahrscheinlich wird Anna Loos niemals deinen Blog lesen. Aber jemand ganz anderes, von dem du jetzt noch gar nichts weißt, der dir dann aber als ebenso wichtig und wertvoll erscheint, als wäre sie es gewesen? Was ich sagen will: Das Schicksal geht seltsame Wege 😉
    Wie kommst du dadrauf, dass sich Jungautoren nur auf WordPress innerhalb eines kleinen Kreises vernetzen? Viele Autoren pflegen enge Kontakte zu Buchbloggern (ihren zukünftigen Käufern und Werbe-Plattformen), sind zudem auf Instagram und Twitter aktiv. Wer länger bei WP als Autor unterwegs ist, vernetzt sich schnell auch auf anderen Wegen. Und auch mit anderen 😉
    Liebe Grüße, Alex

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    1. Ach, ich meinte gar nicht, dass sich Jungautoren nur auf WordPress und nur innerhalb eines kleinen Kreises vernetzen. Ich meinte nur, dass es sinnvoll ist, den Kreis der Menschen mit den gleichen Interessen, den man sich ganz automatisch sucht, auch mal zu verlassen. Aber da wir ja alle nicht nur in einem kleinen Interessenkreis unterwegs sind, sondern in vielen, die sich gegenseitig überlappen, passiert das ganz automatisch.
      Diese Theorie widerspricht dem Zufall ja gar nicht, sondern im Gegenteil. Es könnte ja sein, dass jemand zufällig diesen Blog ließt, dessen Mutter zufällig die Erzieherin in dem Kindergarten gewesen ist, in dem Anna Loos früher mal war, und die noch weiß, wer deren Kindergartenfreundin gewesen ist und diese kontaktieren kann, welche dann zufällig gerade vor kurzem ihren Kontakt mit besagter Frau Loos wieder aufgefrischt hat – und wenn all diese Menschen über meinen Text reden, könnte Anna rein zufällig davon hören. Auch wenn es nicht sonderlich wahrscheinlich ist.
      Und ich das ganz sicher nicht brauche, um glücklich zu sein. Ich freue mich über jeden Leser, erstrecht wenn er/sie nette Kommentare hinterlässt. 😉 Also: Vielen Dank und liebe Grüße!

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