Der März ist Meryl – und damit beginne ich mal wieder eine neue Reihe, auch wenn der März schon ein paar Tage alt ist. Vielleicht ziehe ich damit den März in den April, vielleicht noch weiter, die großartige Meryl Streep hat eben viel zu viele Filme gemacht, um damit nur einen Monat zu füllen.
Und genau darum soll es mir gehen: Ich nehme mir jeden Tag (sofern ich es schaffe) einen Film mit Meryl Streep vor und lasse mich von ihm inspirieren. Dabei ergeben sich, hoffentlich, ganz persönliche Filmkritiken, ohne demjenigen, der den Film noch nicht gesehen hat, zuviel zu verraten, ohne großartig auf Filmtechniken einzugehen, denn davon habe ich keine Ahnung, und mit einer starken Fokussierung auf Meryl Streep, auch wenn sie natürlich totally overated ist. 😉
Und so beginne ich mit einem Film, in dem Meryl zwar eine für sie eher ungewöhnliche Rolle spielt, der aber doch sehr wegweisend für mein ganzes Projekt ist, auch wenn ihr es auf den ersten Blick vielleicht nicht erkennen könnt: Ich rede von Der Tod steht ihr gut von 1992. In dieser verrückten, schwarzen Komödie spielt Meryl eine – für sie ungewöhnlich – unsympathische Rolle als in die Jugend vernarrte, neurotische Schauspielerin, die ihrer seit der Kindheit hassgeliebten engsten Freundin und ärgsten Konkurrentin den Mann stiehlt, einen Schönheitschirurgen, gespielt von Bruce Willis, auch in einer für ihn eher ungewöhnlichen Rolle. Die Freundin, gespielt von Goldie Hawn, kann diesen Verrat auch nach Jahren nicht vergessen und beschließt, sich zu rächen. Doch der Versuch, sie zu töten, schlägt in zweierlei Weisen fehl – einerseits, weil der tollpatschige Bruce seine Frau im Streit eine Treppe herunter stößt, anstatt sie wie geplant auf subtilere Weise loszuwerden, andererseits, weil Meryl schon vor einer Weile ein geheimnisvolles Elixier getrunken hat, dass ihr ewige Jugend verspricht.
Und so beginnt der ganze Film etwas absurd zu werden, wie es der Wunsch nach ewiger Jugend ja auch ist – Meryl, und auch Goldie, die den Trank ebenfalls getrunken hat, kann zwar nicht sterben, ihr Körper kann aber durchaus zerbrechen, und so stolpert sie zunächst mit auf den Rücken verdrehtem Kopf durch ihr riesiges Haus, Goldie erhält einen Bauchschuss, der ein riesiges Loch in ihren Torso reißt, durch den danach SlapStickmäßig Gegenstände und Blicke fliegen. Bruce, der aufgrund langjähriger Alkoholabhängigkeit ohnehin nur noch Schönheitschirurg für reiche Tote ist, wird herangezogen, um die zerstörten Körper wieder herzurichten, aber durch ihre Feindfreundschaft können beide nicht sonderlich auf ihre unsterblichen Körper aufpassen und sie sind von Schönheitsreparaturen abhängiger als je zuvor.
Dabei wird der Schönheitswahn dieser Hollywoodkultur im ganzen Film nicht wirklich hinterfragt. Er wird als gegeben angenommen, dem alle Frauen hinterherrennen müssen, um mithalten zu können, und gerade dadurch stößt er dem Zuschauer noch stärker auf – er fragt sich, warum hören sie nicht einfach auf damit? Warum machen sie sich diesen Stress?
Jedenfalls fragte ich mich dies. Ich persönlich finde Meryl Streep auch heute noch wunderschön, gerade mit den Zeichen des Alters. Und ich hoffe, auch so gelassen altern zu können, auch wenn die bevorstehende 30 nicht gerade auf Grund körperlicher Zeichen gruselig ist, bis ich mir darum Gedanken machen ‚muss‘ (natürlich muss ich es gar nicht, darum die Gänsefüßchen), habe ich noch ein paar Jahre.
Doch habe nicht auch ich mal über Unsterblichkeit nachgedacht? Das Leben ist so kurz und es gibt so viel gute Bücher, so viele interessante Menschen, Länder und Kulturen, so viel Zeit vergeudet man an langweilige Notwendigkeiten wie Haushalt und Steuererklärungen, wäre ein ewiges Leben nicht wunderbar?
Bruce Willis lehnt die Unsterblichkeit in seiner Rolle ab, auch wenn die beiden Frauen ihn dazu drängen wollen. Unsterblichkeit wäre doch unendlich langweilig, alle Menschen um einen herum sterben, nur man selber nicht, die unsterblich Jugendlichen, zu denen übrigens auch Elvis gehört, als netter Witz am Rande, müssen sich in ihrer verschworenen Gemeinschaft verstecken, um nicht aufzufallen – all das klingt nicht wirklich wünschenswert. Und schauen wir uns die wirklich Alten unserer Gesellschaft mal an – was ist es, worüber sie klagen? Runzeln? Ein weniger straffer Bauch? Wohl kaum. Das ist ein Problem der Vierzigjährigen, nicht der Achtzigjährigen. Dann kommt die Langeweile, die Einsamkeit. Ein ewiges Leben ist nur dann erträglich, wenn alle ewig leben, oder zumindest die, die man am meisten liebt.
Und was, wenn wirklich alle ewig leben würden? Wir dürften keine Kinder mehr bekommen, es ist schließlich jetzt schon ziemlich voll auf der Erde. Im Bild des Films müssten wir auch noch entsetzlich vorsichtig sein, schließlich heilen Verletzungen nicht mehr, ist man erstmal lebender Toter. Wenn Unsterblichkeit wie im Film Unvernichtbarkeit bedeutet (man also nicht nur nicht an Alter stirbt, sondern auch nicht an schwersten Verletzungen) wird das Bild erst richtig grotesk, am Ende fallen beide Frauen vollständig auseinander, doch die vom Körper getrennten Köpfe leben immer noch.
Doch selbst wenn durch irgendeine magische Formel allein der Alterstod verhindert werden könnte und wir solange dreißig sind, bis uns jemand eine Treppe hinunterstößt – wäre das eine schöne Vorstellung? Das Leben wäre zwar vielleicht länger als heute, im Durchschnitt, denn Kinder würden ja immernoch bei schwersten Unfällen sterben, aber dadurch wäre es noch unwägbarer. Wir würden nur noch mehr glauben, ewig Zeit zu haben, und Dinge auf morgen verschieben, weil wir gerade zu faul sind. Und dabei will ich gar nicht eine moralische Unterscheidung zwischen Dingen, die wir tun sollten, und Dingen, die wir tun wollen, treffen. Aber kennt nicht jeder die Situation, dass er irgendetwas wirklich gerne tun würde, es aber doch nicht tut, weil es Aufwand erfordern würde? Ein langes Buch zu beginnen, eine Reise zu machen, ein Instrument zu lernen – all das mögen Dinge sein, die ich gerne tun würde. Aber erst morgen, heute seh ich lieber noch etwas fern, ich bin so müde …
Was wenn ich denken würde, für diese Dinge hätte ich, wenn ich nur immer gut aufpasse und Unfälle vermeide, hunderte von Jahren Zeit? Natürlich kann man mehr oder weniger vorsichtig leben, aber ganz ausschließen lassen sich Unfälle nicht. Dann riskiere ich beim Verlassen des Hauses doch lieber fünfzig bis sechszig Jahre als eine Unendlichkeit …
Und warum fand ich den Film nun so passend für einen Start in meinen Merylmärz? Der Film ist fünfundzwanzig Jahre alt. Wenn Meryl Streep heute noch so aussehen würde wie damals, hätte sie nicht all diese großartigen Rollen spielen können, die sie seitdem gespielt hat. Schönheit ist Ausstrahlung – und die gewinnt eher, durch ein paar Falten.
Ach der letzte Satz liest sich richtig gut, danke für Merylauswahl 😉
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