
Neues aus dem Schreibhain
Am vergangenen Wochenende war der Liebesroman Thema im Schreibhain. Der Liebesroman, mir! Quatsch und Kitsch, ich bin doch Zynikerin, Liebesromane, so etwas lese ich nicht. Wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, habe ich mich auf diesen Wochenende nicht gerade wahnsinnig gefreut.
Dann haben wir Unterteilungen getroffen (ernsthaft, upmarket, klassisch), haben Subgenres besprochen – Romantasy ist zum Beispiel die Verknüpfung einer Liebesgeschichte mit einer Fantasywelt, wie „Twilight“. Und was ist mit Science-Fiction? Ich habe in einer Schreibübung einfach nur zum Spaß ein neues Untergenre entwickelt (ich weiß nicht, ob es wirklich neu ist, aber es hat keinen Marketingnamen): Rom-Sci. Schließlich gibt es beim Film auch die Rom-Com, die romantische Komödie, und diese Kategorien sind ohnehin nur für die Vermarktung.
Liebe im Weltraum
Die entstandene Geschichte war sogar richtig gut, viel zu gut, um den ersten noch unvollendeten Entwurf dem Internet auszuliefern und dort liegen zu lassen, auf dass sie jemand ließt oder vielleicht auch nicht, sie braucht noch etwas Überarbeitung und zwei, drei Illustrationen, dann gebe ich sie vielleicht als Mini-E-Book heraus. Habe ich nicht so etwas auch schon in der Grundschule geschrieben, ich habe ganz vergessen, wie viel Spaß das macht …
Aber halt – habe ich gerade Freude dabei gehabt, eine Liebesgeschichte zu schreiben? Okay, es ist nicht ’nur‘ Liebe, es ist auch Science-Fiction und Gendertheorie und Feminismus. Aber doch –
Viel mehr als Liebe
Liebesromane müssen nicht platt und kitschig sein. Auch Anna Karenina ist eine Liebesgeschichte – und doch so viel mehr. Auch Liebesgeschichten können gut geschrieben sein und wichtige Themen behandeln und Welten bewegen. Im Übrigen hatte kaum ein aktuelles Buch so viel Einfluss wie „50 Shades of Grey“ (das ich nicht gelesen habe und nicht lesen werde, aber trotzdem). Liebesromane können natürlich großer Schrott sein, aber auch große Kunst.
Und Liebe gibt es nicht nur zwischen Mann und Frau, nicht mal nur zwischen Mensch und Mensch, sondern auch zwischen geschlechtsneutralem Katzinger und biologisch weiblichem, aber genderqueeren Ings wie in meiner Rom-Sci-Kurzgeschichte.
Wie zwischen mir und dem Schreiben.
Liebendes Schreiben
Wie jedes Wochenende haben wir wieder viel über den Buchmarkt gelernt und das ist nicht immer motivierend. Samstagabend bin ich immer wieder so müde und so voller Informationen, dass ich mir denke, wozu das Ganze. Es gibt genug Menschen, die gut schreiben können, ich muss mich nicht auch noch in diese Gladiatorenarena mit Verlagen, Kritikern und Leserzahlen werfen, ich muss mir das nicht antun.
Und die Morgenseiten am Sonntag scheinen mir mal wieder zu zeigen, dass ich es auch gar nicht kann, ich habe keine Worte mehr, ich bin total ausgelaugt. Ich gehe den einfachen Weg, ich unterrichte. Those who can, do, those who can’t, teach.
Dann besprechen wir weiter die Theorie und ich denke nicht „Das ist ja interessant“ oder „Das kann ich meinen Schülern weitergeben“. Ich denke „So könnte ich meinen Roman also auch aufziehen“ (als Chicklit, ich muss nur meine Figur selbstironischer machen), ich denke „Was wäre eigentlich, wenn Jona dieses erlebt hätte (eine Flucht ins Unbekannte) oder wenn Anna jenes wüsste (dass das Happyend im Liebesroman gewissermaßen weltkonstituierend notwendig ist)“. Ich beziehe alles, was ich höre, gleich in der einen oder anderen Weise auf mein Romanprojekt und merke mal wieder, ich kann gar nicht nichtschreiben.
Die Beziehung zum Schreiben
Das Loveinterest (die Person, in die der Hauptcharakter sich verliebt) kitzelt die Schwäche des Protagonisten hervor, habe ich gerade gelernt. Deshalb geht es dem Protagonisten auch oft so auf die Nerven, er glaubt, es zu hassen, und trotzdem können beide nicht voneinander lassen. Irgendetwas, was größer ist als ihre Schwächen, bindet sie aneinander.
Die Faulheit in mir will nicht an den Schreibtisch, sie will nur auf der Couch liegen und konsumieren, was andere geschrieben haben. Mein wackeliges Ego hat Angst vor der Kritik, mein Pessimismus glaubt, dass es ohnehin nichts bringt. Das Schreiben erfüllt mir nicht mein alles überschattendes Want, das was ich glaube zu brauchen. Etwas Besonderes zu sein, gesehen zu werden, zu glänzen.
Aber es gibt mir, was ich wirklich brauche: Einen Raum für mich, wo ich ganz ich selbst sein kann.
Die klassische Liebesgeschichte
Das Loveinterest scheint das Want erfüllen zu können, aber jetzt schreibe ich schon so lange und bin immer noch keine berühmte Schriftstellerin. Ich denke darüber nach, mich zu trennen, und dann erst erkenne ich mein Need, was ich wirklich brauche.
Vielleicht ist die zugrunde liegende Motivation wirklich in allen Liebesgeschichten die gleiche: jemanden zu finden, der mich so liebt, wie ich wirklich bin. Aber wollen wir das nicht im Grunde alle? Und das Schreiben liebt mich – auch dann, wenn ich einen Thriller schreibe.
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