Workshops Kreatives Schreiben

Online-Autorenmesse oder wie man Schreiben lernt

Gestern endete die erste Online-Autorenmesse, die die wunderbare Jurenka Jurk von Schreibfluss mit viel Energie und Begeisterung organisiert hat.
Auf dieser wunderbaren Plattform wurden acht Tage lang Profis rund ums Schreiben interviewt, Bestsellerautoren wie Iny Lorentz und Sebastian Fitzek, Schreibcoaches, ein Anwalt; behandelt wurden alle Themen um das Abenteuer Roman, von der ersten Idee über das Ausarbeiten von Figuren und Plot bis zu den verschiedenen Möglichkeiten der Veröffentlichung, es gab Tipps zum Umgang mit Schreibblockaden und rechtlichen Unsicherheiten (und bestimmt hab ich noch irgendetwas vergessen, ja, Marketing z.B.) Ganz unterschiedliche Menschen haben von ihren ganz unterschiedlichen Zugängen zum Schreiben erzählt und immer wieder Mut gemacht, dem eigenen Schreibfluss zu folgen.
Soweit zu dem ‚Äußerlichen‘. Aber was hat jetzt gerade mich an dieser Messe begeistert? Warum war diese Messe für mich gerade zu diesem Zeitpunkt so unglaublich notwendig?

Ich muss gestehen, dass ich schon seit der Kindheit und trotz aller rationalen Reflexion dem Geniegedanken nach wie vor verhaftet bin. Soll heißen, ich war (und bin) immer davon überzeugt, Schreiben kann ich ja und wenn es niemand lesen will, sind die alle selber Schuld. Die Gesellschaft geht ja eh vor die Hunde und es ist einfach niemand mehr klug genug, meine Literatur zu verstehen. Das ist das Kind in mir, das trotz aller Rückschläge seinen Drang zu schreiben vor sich selber verteidigen muss. Erst langsam beginne ich zu erkennen, dass Schreiben durchaus (auch) lernbar ist, dass es nicht dabei bleiben muss, dass ich keinen Spannungsbogen bis zum Ende durchhalte, dass meine Figuren lebendiger werden, wenn ich an ihnen arbeite. Meine gerade begonnene Ausbildung im Schreibhain in Berlin wird mir diese Schritte im Einzelnen noch ganz genau beibringen, dass es sich lohnt, Geld und Zeit in das Erlernen des Handwerks zu investieren, hat mir schon die Messe gezeigt.
Außerdem neige ich dazu, das Schreiben allzu oft ‚nur‘ als Hobby zu betrachten. Alles ist immer wichtiger. Erst Schule, dann Studium, Arbeit, bzw. die Suche nach einem Arbeitsplatz, Haushalt und soziale Kontakte – und wenn dann noch ein wenig Zeit bleibt, kannst du ja mal wieder was schreiben. Und weil die Geschichten trotzdem zu mir kommen und raus wollen, notiere ich sie halt in Stichworten zwischendurch, im Zug auf dem Weg zur Arbeit, in Vorlesungen, im Wartezimmer eines Arztes … Das ist schrecklich unbefriedigend, nichts wird fertig, und wenn ich mal einen Abend allein zu Hause sitze und endlich schreiben könnte, finde ich keinen Zugang zu meinen Geschichten und bleibe doch bei Netflix.
Bei der Messe wurde ein sehr einfacher, aber nichtsdestotrotz sehr spannender Gedanke mehrfach geäußert: Wenn du es schaffst, jeden Tag nur eine einzige Seite zu schreiben, hast du am Ende des Jahres dennoch einen über 300 Seiten starken Roman. Aber wenn man den Kontakt zu seinen Figuren halten will, muss man halt jeden Tag schreiben. Auch zu ‚realen‘ Menschen wird man nie ein Gefühl von Vertrautheit aufbauen, wenn man sie nur einmal im Jahr, dafür für ein ganzes Wochenende, trifft und den Rest des Jahres keinen Kontakt hat.

Was habe ich also von dieser Messe mitgenommen? Erst einmal ganz banal, aber nicht weniger wichtig, das ganze Handwerkszeug des Schreibens. Wie entscheidend es ist, dass man sich für eine Perspektive entscheidet und bei ihr bleibt, dass man seine Figuren kennenlernt und sie eine Reise durchleben lässt, Probleme, die erkannt und gelöst werden müssen, zu überwindende Schwierigkeiten, Persönlichkeitswachstum. Und auch das Persönlichkeitswachstum des Autors.
Wie man einen fertigen Roman überarbeitet und wie wichtig es ist, dass man es überhaupt tut. Wie man einen Verlag findet oder ob man lieber selbst veröffentlichen sollte. Wie man seine Geschichten und vielleicht auch seine Person vermarktet.
Aber auch ganz andere ‚Nebensächlichkeiten‘. Z.B. dass ich nicht alleine bin mit meiner Weltsicht, meinem Denken, meiner Leidenschaft und meinen Ängsten. Dass auch die Mütter anderer Menschen von ihnen sagen, sie hätten schon ‚geschrieben‘, bevor sie überhaupt sprechen konnten. Dass es in Ordnung ist, sich Zeit für’s Schreiben zu nehmen.
Und daher Motivation, das Schreiben mal ernster zu nehmen, dran zu bleiben, mir selbst gegenüber verbindlich zu sein. Mein aktuelles Romanprojekt zumindest solange zu verfolgen, bis ich eine erste Fassung geschrieben habe. Vor dem Überarbeiten muss es ohnehin erst ‚abliegen‘.
Aber die Messe war auch Prokrastination, gab mir die Ausrede, nicht gleich damit anfangen zu müssen, da ich ja erst alle Interviews sehen und alle Informationen aufsaugen musste. Jetzt, zum Abschluss, werde ich noch einmal alle Mitschriften durchgehen und die Tipps geordnet nach Verarbeitungsschritten (Vor dem Schreiben, beim Schreiben, beim Überarbeiten, …) in eine Datei geben.
Und dann ist die Messe wirklich vorbei, dann habe ich keine Ausrede mehr. Also – ran an die Tasten. Oder in meinem Fall – den Füller!

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