
Redondos literarischer Spannungsroman erzählt uns von dem madrider Schriftsteller Manuel, der plötzlich in eine vorzeitlich anmutende ländliche Umgebung in Galicien geworfen wird, in der Adel und Kirche immer noch eine übergroße Rolle spielen.
Als Manuels Ehemann Álvaro bei einem Autounfall stirbt, steht er vor einer Wand aus Zweifeln und Lügen. Warum hat Álvaro seine adelige Herkunft vor ihm geheim gehalten? Warum hatte er ein geheimes Handy? Und wer war Álvaro wirklich?
Während Manuel mit einem pensionierten Polizisten die mysteriösen Umstände des Unfalls untersucht, deckt er immer mehr grausame Geheimnisse in der Familie und der katholischen Umgebung auf. Die ungeklärten Todesfälle häufen sich. Immer wieder zweifelt er daran, ob er das alles wirklich wissen will, ob sein ganzes Leben mit Álvaro eine Lüge war. Doch schließlich muss er sich auch seine eigene Rolle in dem Lügengeflecht eingestehen.
Redondo beschreibt atmosphärisch dicht die galicische Landschaft im Spätsommer, die Leserin riecht den Wein und spürt den sonnenwarmen Schiefer. Das Lesen wird zeitweise zu einem Urlaub in Spanien, so dass die Spannungsgeschichte in den Hintergrund rückt. Dann wieder wird (gerade die deutsche) Leserin geschockt von den als selbstverständlich hingenommenen Unterschieden, die zwischen Adel und „gemeinem Volk“ immer noch bestehen. Als dann auch noch Vertuschungen in der Kirche hinzukommen, erscheint der Roman thematisch ein wenig überladen, jedoch fügt sich alles organisch ineinander, sodass es nur analytischen Leserinnen auffällt.
Für eine Schriftstellerin, die über das Schreiben schreibt, spielt der Beruf des Protagonisten eine erfrischend untergeordnete Rolle. Das Schreiben als Versteck vor dem Sein wird zwar angesprochen, jedoch nur als Gegensatz zum wirklichen Leben und den wirklichen Problemen, um die sich die Handlung spinnt. Manuel verbringt wenig Zeit am Schreibtisch, er ist mehr ein Mann, der geschrieben und veröffentlicht hat, als ein Mann, der schreibt.
Irritierend ist allenfalls der Mangel an starken Frauenfiguren. Frauen tauchen zwar auf, aber alle Perspektiven sind männlich. Doch das musste vielleicht in diesem patriarchal geprägten Setting so sein.