Grüße aus dem Schreibhain!
Aufgabe: Den folgenden Satz aus der Literatur zehn Minuten automatisch weiter schreiben:
Dass die Wochentage Namen haben, ist zunächst eine schlichte Beobachtung.
Dass der Montag für die meisten Menschen scheiße ist auch. Aber was kann der Montag dafür, dass er Montag heißt? Man sollte ihn dafür nicht mit schlechter Laune bestrafen, wahrscheinlich mag der Montag sich selbst gar nicht, weil man ihm schon viel zu früh gesagt hat, dass er immer viel zu früh kommt und doch bitte noch eine Pause machen soll, dass er viel zu laut ist und gerade einfach nicht zur Stimmung passt.
Genauso sollte man Kindern niemals sagen, dass sie zu laut sind, nur weil sie Kinder sind. Sie verlernen das Sprechen dadurch und das Neinsagen, das Schreiben und Denken, und sie werden zu Mitläufern und Erwachsenen, die die meiste Zeit schweigen und dann ausrasten, wenn es ihnen gar nicht mehr passt, die um sich schlagen, weil sie nicht mehr wissen, wie sie sagen sollen, was sie wirklich fühlen, sie haben ja viel zu früh gelernt, dass es das Leben nicht interessiert, was sie wirklich fühlen, dass sie funktionieren müssen und den Montag akzeptieren, selbst wenn sie ihn nicht mögen.
Und der Freitag ist sicher viel zu eingebildet, weil er immer willkommen ist, wenn er kommt, und der Samstag erst. Dabei spricht nichts dagegen, auch am Samstag mal schlechte Laune zu haben, auch am Samstag und Sonntag müssen Menschen arbeiten und funktionieren und früh aufstehen oder gezwungen lächeln wie die Stewardessen, die auch nur die sprichwörtlich falsch lächelnden sind, machen wir es doch alle immerzu, die Supermarktkassierer und Lehrer und Straßenbahnschaffner, nein, die nicht, die gucken immer gewollt böse, die dürfen gar keine gute Laune haben, das steht so sicher in ihrer Jobbeschreibung.
Und vielleicht waren auch sie Kinder, denen man sagte, sie sollten nicht laut lachen, weil es doch nichts zu lachen gibt, die Wirtschaft muss steigen und die Räder rollen und wie es den Kindern geht ist doch egal. Dabei ist nichts weniger egal als die Kinder, die schließlich die Erwachsenen von Morgen sind und irgendwann einmal unsere Rente bezahlen, wenn es denn so etwas noch gibt, oder unsere Kriege führen, je nachdem, ob sie lachen durften als Kind. Wer Angst hat, fängt an zu beißen, und es gibt doch nichts, was so gut gegen Angst ist wie Lachen und Schreien und Spielen.
Und schreiben, aber auch das haben die Montage verlernt, weil sie es ja nie durften. Und schreiben ist so wichtig um sich selbst noch zu fühlen und ein Mittwoch zu sein, immer in der Mitte, nicht der selbstgefällige Sonntag, nicht der gestresste Montag, Bergfest, immer feiernd. Und trotzdem noch arbeitend, weil man auch Arbeit feiern kann, wenn man denn welche hat, ich habe gerade wieder welche und freue mich jeden Abend darauf, morgens bin ich Montag, egal an welchem Wochentag, sind ja schließlich doch alles nur Stunden, und je nachdem, wann man anfängt zu zählen, ist Wochenende.
Nur in den Ferien verschwimmen die Wochentage und vergessen ihre Namen, vergessen, welchen Sinn sie ursprünglich mal hatten und fragen nicht mehr danach, akzeptieren, sinnlos zu sein. Eigentlich sollten wir alle viel mehr unsere Namen vergessen.
Lest! Schreibt! Lebt!
Wow – was für ein toller text! Triple-Like 🙂
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Dankeschön ❤
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