
Lass los. Alte Wunden und alte Ängst, überhöhte Ansprüche an dich und an die Welt. Wenn du glücklich sein willst, lass los. Sagen sie. Aber sie sagen nicht, wie schweiße schwer das ist.
Dies ist der dritte Versuch, diese Beitragsreihe zu starten, mit der ich meinen Blog wiederbeleben – und etwas umformen – möchte. In die Richtung, wie Blog eigentlich mal gedacht war, als ein Online-Tagebuch. Natürlich identitätsbereinigt und thematisch fokussiert, schließlich ist das hier öffentlich. Aber nicht fiktiv. Jedenfalls nicht vollständig.
Und dann wird dieser erste Beitrag wohl etwas durcheinander, so ist das Leben. Verwirrend und unperfekt. Angeblich ist das ja gerade das schöne daran.
Die Blogneuerfindung nenne ich Almost an Aduld. Denn natürlich bin ich irgendwie erwachsen, viele Jahre schon. Ich verdiene Geld, ich zahle meine Miete und meine Steuern, ich mache sogar meine Steuererklärung selbst. Und ich hadere damit und scheitere daran, wie so viele andere auch.
„Eine Depression ist ein fucking Event!“, sagt der Psychiater in Sarah Kuttners „Mängelexemplar“. Und er hat recht. So viele Menschen, wie in den letzten Jahren gerade in der Kunst- und Medienszene mit ihrer Depression an die Öffentlichkeit gegangen sind. Es gibt so viele Bücher über Depression, so viele Erfahrungsberichte von Bekannten und weniger bekannten Menschen.
Bücher darüber, wie Menschen an einer Depression erkranken, wie sie sich durch die Therapie kämpfen und gesund werden.
Und danach?
Meiner Selbsteinschätzung nach hatte ich meine erste depressive Episode so etwa mit acht Jahren. Die erste Diagnose mit zweiundzwanzig. Heute – viele Jahre Medikamente, zwei ambulante Therapien und eine stationäre Reha später – kämpfe ich immer noch und immer wieder damit.
Ich hätte gern einen Roman, in dem ein Charakter einfach zusätzlich noch depressiv ist. In dem es nicht um die Depression geht, sondern um eine Liebesgeschichte oder einen Mord oder eine Zaubererausbildung. Und der Hauptcharakter ist depressiv. Um zu lesen, dass sich auch mein Leben nicht nur um meine Krankheit drehen muss und darf. Denn ich bin krank. Und ich gehe arbeiten, ich habe Hobbys, ich bin Eheperson, Geschwister, Pate.
Diesen Roman kann ich nicht schreiben, einerseits weil ich zu viele andere Ideen habe, anderseits weil ich dafür gerade keine Idee habe. Deshalb der Blog. Dies ist meine Geschichte.